Host-Provider haftet für Verletzungen des Persönlichkeitsrechts in Posts

Ein Host-Provider kann als mittelbarer Störer auf Unterlassung von unzutreffenden Gerüchten in Anspruch genommen werden kann, wenn er Hinweise auf ein sachlich unzutreffendes Gerücht erhält und den entsprechenden Post gleichwohl nicht beseitigt, weil er aus seiner Sicht keine „Beleidigung“ darstelle. Der Host-Provider ist dann nicht mehr schützenswert, wenn er später positive Kenntnis von einer Rechtsgutsverletzung durch die von einem Dritten eingestellten Inhalte erlangt. Auch wenn den Betreiber keine eigene Prüfpflicht trifft, die bei ihm eingestellten Inhalte auf eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten Betroffener zu überprüfen, muss er handeln, wenn ihm die Rechtsverletzung bekannt wird. Dies hat das Landgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 23.12.2023 entschieden.

Host Provider

Das Wichtigste in Kürze:

Haftung des Host-Providers: Host-Provider können für Persönlichkeitsrechtsverletzungen in Nutzerbeiträgen haftbar gemacht werden, wenn sie nach Kenntnisnahme nicht umgehend handeln.

Prüfungspflicht nach Hinweis: Nach Erhalt eines Hinweises auf rechtswidrige Inhalte müssen Host-Provider diese Inhalte prüfen und gegebenenfalls entfernen, um einer Haftung zu entgehen.

Abwägung der Interessen: Gerichte entscheiden im Einzelfall über die Haftung des Providers, indem sie zwischen Meinungsfreiheit und Schutz des Persönlichkeitsrechts abwägen.

Hintergrund

Auf einem Video-Portal, welches die Antragsgegnerin (Host Providerin) betreibt, wurde ein Video veröffentlicht, das eine angegriffene Äußerung in Form eines Gerüchts enthält. Dieses Video stammt von einer Dritten A, an welche sich der Antragsteller zuerst wandte. Diese gab eine Unterlassungserklärung ab. Mit Schreiben vom 12.11.2020 wies der Antragsteller die Antragsgegnerin unter Nennung der entsprechenden URLs auf die Äußerung hin. Die Antragsgegnerin erwiderte, dass sie keine Beleidigung erkennen könne. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.11.2020 ließ der Antragsteller die Antragsgegnerin abmahnen. Die Antragsgegnerin erwiderte erneut, dass sie keine Beleidigung erkenne. Nun begehrte der Antragsteller den gerichtlichen Weg auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf die Unterlassung der Äußerung. Dies hatte in der Sache Erfolg.

Positive Kenntnis des Host-Providers verpflichtet zum Handeln

Mittelbarer Störer kann auch der Betreiber eines Internetportals oder ein Host-Provider sein, wenn er später positive Kenntnis von einer Rechtsgutsverletzung durch einen von einem Dritten eingestellten Inhalt erlangt. Den Betreiber trifft zwar keine generelle Verpflichtung, die bei ihm eingestellten Inhalte auf eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten Betroffener zu überprüfen. Sofern ihm die Rechtsverletzung jedoch bekannt wird, ist er zur Unterlassung verpflichtet. Auch in dem Unterlassen, einen als unzulässig erkannten Beitrag zu entfernen, liegt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen. Dies ist daraus zu schließen, dass der Betreiber eines Internetforums „Herr des Angebots“ ist. Insofern verfügt er vorrangig über den rechtlichen und tatsächlichen Zugriff. Selbst wenn von ihm keine Prüfpflichten verletzt werden, so ist er doch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des BGH zur Beseitigung und damit zur Unterlassung künftiger Rechtsverletzungen verpflichtet. Im vorliegenden Fall hatte der Antragsgegner nach dem Schreiben des Antragstellers in Verbindung mit der Unterlassungserklärung der Dritten Kenntnis von einer Rechtsverletzung. Insofern lag der Verstoß in seinem Untätig bleiben.

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Wann liegt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts vor?

Sofern eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten behauptet wird, lässt sich eine Rechtsverletzung durch den Betreiber nicht stets ohne weiteres feststellen. Diese erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1Art. 1 Abs. 1 GGArt. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GGArt. 10 EMRK geschützten Recht des Providers auf freie Meinungsäußerung und auch der Medienfreiheit. Sobald der Provider jedoch mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert wird, kann eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich sein. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Beanstandung so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann. Dies gilt auch dann, wenn die Zulässigkeit einer Meinungsäußerung im Streit steht. Als Mindestmaß des Tätigwerdens ist insofern zumindest eine Stellungnahme des einstellenden Dritten zu der Rüge des Betroffenen einzuholen.

Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 23.12.2020, Az. 2-03 O 418/20

Wann entsteht eine Verpflichtung zur Löschung?

Das Landgericht hat die Verpflichtung zur Löschung eines beanstandeten Eintrags vor allem an zwei alternative Voraussetzungen angeknüpft: Einerseits muss auf der Grundlage der Stellungnahme des für den Beitrag Verantwortlichen und einer etwaigen Replik des Betroffenen unter Berücksichtigung etwa zu verlangender Nachweise von einer rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts auszugehen sein. Andererseits besteht bereits eine Löschpflicht, wenn keine Stellungnahme des Dritten eingeholt wird, der Host-Provider also seinen Prüfpflichten nicht nachkommt.

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Fazit

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main verdeutlicht eine wichtige rechtliche Verantwortung von Host-Providern im Hinblick auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Inhalte Dritter. Zwar besteht grundsätzlich keine präventive Prüfpflicht, jedoch muss ein Host-Provider aktiv werden, sobald er Kenntnis von einer möglichen Rechtsverletzung erlangt. In dem Moment, in dem ein Host-Provider auf eine konkrete Verletzung hingewiesen wird, sei es durch den Betroffenen oder eine gerichtliche Verfügung, muss er unverzüglich handeln und den beanstandeten Inhalt entfernen, sofern dieser eine tatsächliche Verletzung darstellt. Andernfalls kann er als mittelbarer Störer haftbar gemacht werden.

Dieses Urteil stärkt die Position derjenigen, deren Persönlichkeitsrechte durch Dritte verletzt werden, indem es Host-Provider dazu zwingt, in Fällen von Persönlichkeitsrechtsverletzungen tätig zu werden, selbst wenn sie die Inhalte nicht selbst erstellt haben. Es schafft eine klare Linie zwischen der Meinungsfreiheit und dem Schutz von Persönlichkeitsrechten. Sobald dem Host-Provider die Rechtsverletzung bekannt wird, ist er nicht mehr schützenswert, wenn er untätig bleibt.

Gleichzeitig verdeutlicht das Urteil die Komplexität der Abwägung zwischen den Rechten der Betroffenen und den Grundsätzen der Meinungsfreiheit. Im Kern geht es darum, wann eine Meinungsäußerung die Grenze zur Verletzung der Persönlichkeitsrechte überschreitet. Hier muss der Host-Provider nicht nur eine reine Bewertung des Sachverhalts vornehmen, sondern auch die Stellungnahme des betroffenen Dritten einholen, bevor eine Entscheidung über die Löschung getroffen wird. Das Urteil betont zudem, dass eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts bereits dann vorliegt, wenn der Host-Provider seine Prüfpflicht verletzt und keine Stellungnahme einholt.

Das Urteil stellt sicher, dass Persönlichkeitsrechte auch im digitalen Raum geschützt werden und gibt Betroffenen ein starkes Instrument an die Hand, um gegen rechtswidrige Inhalte vorzugehen. Es signalisiert Host-Providern klar, dass sie in Fällen konkreter Hinweise auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen eine aktive Rolle übernehmen müssen, um rechtswidrige Inhalte zu entfernen und zukünftige Verstöße zu verhindern. Diese Entscheidung trägt dazu bei, die Verantwortung im digitalen Zeitalter zu schärfen und einen ausgewogenen Schutz der Rechte aller Beteiligten zu gewährleisten.